Stellungnahme 10. Januar 2025

Offener Brief zur Zukunft von Forschung und Innovation in der Europäischen Union

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Der folgende Text wurde als offener Brief der Allianz der Wissenschaftsorganisation – unterzeichnet vom Sprecher der Allianz der Wissenschaftsorganisationen Prof. Holger Hanselka, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft – an die Präsidentin der Europäischen Kommission Dr. Ursula von der Leyen verschickt.

Die jüngsten Berichte von Mario Draghi, Manuel Heitor und Enrico Letta heben die strukturelle Bedeutung von Innovation, Technologieentwicklung und nicht zuletzt der Wissensökonomie für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit der EU hervor. Wir begrüßen ausdrücklich, dass Sie Ansätze aus diesen Berichten in Ihren Planungen für Ihre zweite Amtszeit als Kommissionspräsidentin aufgreifen, um Forschung und Innovation in den Mittelpunkt der europäischen Wachstumsagenda zu stellen. Im Bewusstsein der aktuellen geopolitischen Herausforderungen sehen wir ebenfalls die Notwendigkeit, der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas höchste politische Priorität einzuräumen. Entsprechend blicken wir mit hohen Erwartungen auf den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) ab 2028.

In diesem Zusammenhang möchten wir drei Grundsätze bekräftigen, die für den Erfolg einer solchen europäischen Agenda für Forschung und Innovation elementar sind:

 

1) Europa braucht ambitionierte Investitionen in Forschung und Innovation sowie Planungssicherheit. Als Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wissensökonomie müssen die Investitionen für Forschung und Innovation im nächsten MFR maßgeblich erhöht werden. Die Agilität des MFR ist wichtig, aber gleichzeitig sollte die Kommission das Budget für Forschung und Innovation vor kurzfristigen Umschichtungen zugunsten anderer Sektoren schützen. Ein klar definiertes Rahmenprogramm im Sinne von Artikel 182 AEUV muss die angekündigten Investitionsabsichten konsequent absichern. Wissenschaftliche Durchbrüche und Exzellenz sind nicht kurzfristig planbar, sondern das Ergebnis langfristiger, stabiler Investitionen. Planungssicherheit ist für die Weiterentwicklung und Stärkung eines florierenden Forschungsökosystems daher unverzichtbar.

2) Der Mehrwert von Forschung und Innovation geht über ihren Beitrag zur Wettbewerbsfähigkeit hinaus. Nur eine langfristige, risikobereite, themenoffene und am Kriterium der wissenschaftlichen Exzellenz orientierte Förderung sichert die kreativen Freiräume, um Forschung und Innovationen in Europa voranzutreiben. Eine Flexibilisierung der Rahmenbedingungen für Forschung und Innovation —geleitet von Wissenschaftsfreiheit und verantwortungsvoller Internationalisierung — bürgt dabei für Qualität.

3) Um die größtmögliche Wirkung zu entfalten, muss ein Europäisches Forschungsrahmenprogramm Fördermaßnahmen entlang der gesamten Innovationskette umfassen. Der Innovationsprozess ist systemisch, interaktiv und nichtlinear. Er umfasst die Grundlagenforschung, die angewandte Forschung sowie den Transfer der Forschungsergebnisse in Wirtschaft und Gesellschaft. Die europäische Verbundforschung spielt dabei eine zentrale Rolle, indem sie alle relevanten Akteure aus Forschung, Industrie und Gesellschaft gleichermaßen in den Blick nimmt, den transnationalen Austausch von Wissen und Ressourcen fördert und internationale Kooperationen ermöglicht.

 

Für die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ist die Berücksichtigung dieser Grundsätze unerlässlich, damit die Förderung von Forschung und Innovation zuverlässig, zukunftsweisend und unabhängig Wirkung entfalten kann.

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